Aufgrund der Starkstromverordnung sind Betriebsinhaber von Starkstromanlagen dafür verantwortlich, dass für ihre Anlagen ein Sicherheitskonzept besteht. Dieses soll dafür sorgen, dass alle Personen, welche Zugang zum Betriebsbereich haben,
betriebliche Handlungen vornehmen oder an den Anlagen arbeiten, sich dabei sicherheitstechnisch richtig verhalten. Gegenüber früher haben sich Ausführung und Handhabung von elektrischen Anlagen stark verändert. Die Anlagen sind kompakter und komplexer geworden. Sie müssen erweiterten Bedürfnissen standhalten, können aber durch Selbstkontrollsysteme oft selbst Überwachungsfunktionen übernehmen. Die Kurzschlussleistungen der Anlagen sind wesentlich gestiegen.Veränderungen werden auch im Personalsektor beobachtet. Der verstärkte finanzielle Druck auf die Unternehmen (Dienstleitung und Industrie) verlangt einen effizienten Personaleinsatz; meist müssen die gleichen Leistungen heute gegenüber früher mit einem reduzierten Personalbestand bewältigt werden. Erhöhte Fluktuationsraten erhöhen die Gefahr von Unklarheiten in der Verantwortung. Nach dem Elektrizitätsgesetz ElG (Bundesgesetz betreffend die elektrischen Schwach- und Starkstromanlagen; SR 734.0) liegt die oberste Verantwortlichkeit für den sicheren Betrieb der Anlagen und die Überwachung ihres Zustandes stets beim Betriebsinhaber, allenfalls vertreten durch die Geschäftsleitung (vgl. Art. 20 ElG). Dies gilt unabhängig davon, ob der Unterhalt und die Instandhaltung der Anlagen durch eigenes Personal oder durch eine Dienstleistungsfirma mit Verantwortung im Rahmen der übertragenen Funktionen vorgenommen werden.
Sicherheitskonzept ist obligatorisch
Die Betreuung komplexer elektrischer Anlagen erfordert Personal mit diversifizierter Fachausbildung, welches periodisch instruiert wird. Die Vermeidung von Personen- und Sachschäden, welche durch Starkstromanlagen entstehen können, hat dabei höchste Priorität. Dies ist der Grund, warum der Artikel 12 der Starkstromverordnung, Ausgabe 30. 3. 94, neu von jedem Starkstromanlagenbesitzer (Betriebsinhaber) ausdrücklich ein Sicherheitskonzept verlangt, worin verbindliche, schriftlich festgelegte Regelungen für das Verhalten und Vorgehen bei gegebenen Betriebssituationen und ausserordentlichen Betriebsereignissen festgelegt sind. Kader und Mitarbeiter sollen sich anhand solcher Dokumente jederzeit einen Überblick über die sicherheitstechnischen Aspekte des Betriebs verschaffen können. Das Sicherheitskonzept soll institutionalisierte Kontrollgänge vorsehen, auf denen Sicherheitsbeauftragte und technische Mitarbeiter mit vorbereiteten Checklisten die spezifischen Örtlichkeiten des Betriebs und dessen elektrischen Anlagen überwachen können. Aufgabe des Betriebsinhabers ist, dafür zu sorgen, dass das Sicherheitskonzept stets der aktuellen Organisationsstruktur (Verantwortungen) und dem Stand allfälliger Auflagen angepasst ist. In vielen sicherheitsbewussten Betrieben bedeutet diese neue Vorschrift keine wesentliche Änderung; sie besitzen bereits ein Sicherheitskonzept, wie es nun auch die Starkstromverordnung vorschreibt. Andere Betriebe müssen ein solches Konzept erst noch erarbeiten. Für alle Betriebe hingegen sollte diese Neuerung der Anlass sein, die bestehenden Sicherheitsmassnahmen zu überprüfen. Warum ein Sicherheitskonzept?
Unternehmen sind heute einem stetigen Wandel unterworfen. Die Anforderungen an das technische Personal ändern sich ständig. Technische Fachkräfte werden immer mehr auch mit administrativen Aufgaben wie Kostenvoranschlägen, Angeboten, Budget- und Kostenfragen usw. belastet. Gleichzeitig wird technisches Personal tendenziell eher abgebaut.
Viele Unterhaltsabteilungen können heute die technischen Anlagen nicht mehr wie früher permanent bis ins letzte Detail überwachen. Oft wird der Unterhalt technischer Anlagen sogar gänzlich externen Firmen übertragen. Dies kann Vorteile bringen, wenn die externen Firmen für diese Aufgaben echte Spezialisten einsetzen können, welche die Anlagen fachgerecht betreuen. Bei einem konzeptionslosen Vorgehen hingegen besteht die Gefahr, dass gewisse Vorkehren vergessen werden und Lücken in Überwachung und Unterhalt erst im Schadenfall entdeckt werden. Dies lässt sich durch ein systematisch aufgebautes, durchdachtes Sicherheitskonzept vermeiden.
Mit einem adäquaten Sicherheitskonzept lassen sich nicht nur Schadenfälle vermeiden, sondern es lassen sich weitere Vorteile für den Betrieb gewinnen. Eine institutionalisierte Instandhaltung und regelmässige Kontrollen beispielsweise führen generell zu einem effizienteren Umgang mit der elektrischen Infrastruktur, und durch ein schnelles und zielgerichtetes Beheben von Störfällen können Betriebsunterbrüche verkürzt und damit Folgekosten reduziert werden.
Berechtigungen und Verantwortlichkeiten im EVU Ausgangslage und Einleitung
Die Berechtigungen und die Zuständigkeiten für das Bedienen der elektrischen Anlagen oder das Ausführen von Arbeiten an elektrischen Anlagen ist der nachfolgende Aussatz gewidmet. Führungs- und Organisationsmechanismen gelten als wichtige Aspekte zur Umsetzung der Arbeitssicherheit für Arbeiten an elektrischen Anlagen. Dabei muss der schrittweise Ablauf zur Freigabe von Arbeiten durchgängig von der Leitstelle bis zum Arbeitsort klar geregelt und geführt sein. Verantwortungen, Zuständigkeiten und Befugnisse sind innerhalb des Prozessablaufes zu klären. So sind beispielsweise die Anlagenverantwortlichen und die Arbeitsverantwortlichen auf den Schalt- und Arbeitsaufträgen namentlich aufzuführen. Organisationseinheiten, welche die Verantwortung als Betriebsinhaber der elektrischen Anlage wahrnehmen, sind zu benennen. Grundlagen und Rahmenbedingungen
Die nachfolgende Zusammenstellung ist auf den Grundlagen der Starkstromverordnung und der Praxis entstanden. In der Starkstromverordnung ist das Verhalten an den elektrischen Anlagen festgehalten. In der Europa-Norm 50110-11 (EN) sind konkrete Ansätze für die Verantwortungen in Bezug auf die Organisation mit den elektrischen Anlagen festgehalten. Die Aspekte aus der EN sind auch Grundsätze, welche im europäischen Raum gelten, also Richtlinien, welche in den Nachbarländern der Schweiz angewendet werden. Als weiteres Richtmass ist die praktische Anwendung in der nachfolgenden Wegleitung eingearbeitet worden, d.h. heutige Regeln, welche in den EVU zur Anwendung kommen sind ebenfalls berücksichtigt. Um den Betrieb der elektrischen Anlagen langfristig zu koordinieren und letztendlich weniger Unfälle zu generieren, sind einheitliche Regelungen im Bereich der Hoch-, Mittel- und Niederspannungsanlagen notwendig.
Generellen können diese Aspekte aus den Art. 27 und 37 des Elektrizitätsgesetz2, (EleG, SR 734.0) und aus dem Art. 11, 66 und 67 der Starkstromverordnung3 (StVO, SR 734.2) durchgenommen werden. In den Art. 3 bis 6 der Verordnung über die Unfallverhütung4, (VUV, SR 832.30) können weitere Aspekte zum Thema gelesen werden. Explizit sind die genannten Aspekte in der EN 50110-1, Kap. 4.3., 5.2, 6.1 und 7ff ebenso festgelegt und lassen konkrete Betrachtungsweisen folgern. Fussnoten 1 EN 50110-1:2004 Betrieb von elektrischen Anlagen Die Norm kann beispielsweise bei www.electrosuisse.choder www.snv.ch bezogen werden.
2 Bundesgesetz vom 24. Juni 1902 betreffend die elektrischen Schwach- und Starkstromanlagen (Elektrizitätsgesetz, EleG), 24. Juni 1902, SR 734.0.
3 Verordnung über elektrische Starkstromanlagen (Starkstromverordnung, StVO), 30. März 1994, SR 734.2.
4 Verordnung über die Verhütung von Unfällen und Berufskrankheiten (Verordnung über die Unfallverhütung, VUV, 19. Dezember 1983, SR 832.20